Die Unternehmensstiftung: Ein interessantes Konstrukt in der Schweizer Stiftungslandschaft         

Studien zeigen, dass gut 99% aller Unternehmungen in Europa im Mehrheitsbesitz von Familien sind. Allerdings zeigt sich auch, dass nur etwa 40% fünf Jahre nach deren Übergabe noch operativ tätig sind.

Die grösste Hürde stellt die Unternehmensübergabe von der ersten auf die zweite Generation dar. Von zentraler Bedeutung ist also eine gute Planung mit einem klaren Fokus auf eine erfolgreiche Übergabe.

Ein Unternehmer, der seine Firma von Grund auf aufgebaut hat, steht irgendwann vor der Frage, wie er die Zukunft seiner Unternehmung nach seinem Ausscheiden oder gar seinem Ableben sichern kann. Allerdings werden in den meisten Fällen die nötigen organisatorischen und rechtlichen Schritte vergessen, um eine (unfriendly) Take-over-Aktion oder ein «Ausverkauf des Tafelsilbers» durch interne Mitarbeiter oder Familienmitglieder abzuwenden. Solche Überlegungen werden oft zu spät oder gar nicht angestellt.

Um dem vorzubeugen gibt es allerdings mehr und minder effektive Lösungen. Testamente beispielsweise sind risikoreich, insbesondere dann, wenn (versehentlich) in die erbrechtlich geschützten Pflichtanteile eingegriffen wird. Bei komplexen Erbgängen sind solche Pflichtanteilsverletzungen nicht selten. Die Unternehmensstiftung eignet sich für solche Nachfolge-Überlegungen besonders gut.

Der Begriff bzw. das Konstrukt der Unternehmensstiftung ist nicht ein rechtlicher, sondern einer, der sich in der Praxis entwickelte. Die Unternehmensstiftung stellt eine Sonderform der Stiftung im Sinne von Art. 80 ff. des Zivilgesetzbuches (ZGB) dar. Sie zeichnet sich durch eine spezielle Nähe zur Wirtschaft aus. Durch das Halten sämtlicher Aktien oder Gesellschaftsanteile oder durch Mehrheitsbeteiligung an ebendiesen, kontrolliert die Unternehmensstiftung das ganze Unternehmen - im hier interessierenden Fall die Firma des Gründers.

Betreibt die Stiftung selbst und in unmittelbarer Form eine kaufmännische Unternehmung, die in der Regel einem – im weitesten Sinn – ideellen Zweck gewidmet ist, spricht man von einer Unternehmensträgerstiftung. Beispiele sind traditioneller Weise: Privatspitäler, private Altersheime und -residenzen, Schulen, Heime, Bibliotheken, Museen usw.

Die Holdingstiftung betreibt das kaufmännische Unternehmen nur indirekt, indem sie an der juristischen Person, die das Unternehmen direkt betreibt, allein, mehrheitlich oder massgeblich beteiligt ist. In der Schweiz gibt es prominente Beispiele: die Kuoni und Hugentobler-Stiftung, die Fondation Hans Wilsdorf (hält 100% der Rolex-Holding), oder die Victorinox-Stiftung (hält 90% der Victorinox AG).

Eine Stiftung stellt ein verselbstständigtes Zweckvermögen dar. Das Vermögen wird einem (meist im öffentlichen Interesse stehenden) Zweck gewidmet. Stiftungen dürfen in der Regel nur ideelle Zwecke verfolgen. Allerdings ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch ein wirtschaftlicher Stiftungszweck zulässig, der es erlaubt, Beteiligungen zu sichern oder die Erhaltung eines Unternehmens zu gewährleisten (BGE 127 III 337).

Mit klaren Bestimmungen im Stiftungszweck kann der Unternehmer sicherstellen, dass die Beteiligungen an seinem Lebenswerk nicht an Dritte veräussert werden.

Die verfolgten Zwecke können vielseitig sein:

  • Das Schicksal eines Unternehmens auf längere Zeit (mit-)bestimmen;
  • Reinvestition von Gewinnen/Dividenden in die Unternehmung, um damit
    • für deren Mitarbeiter zu sorgen, ihnen Vorteile verschaffen und Arbeitsplätze sichern, oder
    • wohltätige Zwecke aller Art zu verfolgen;
  • die Unabhängigkeit der Organisation sichern;
  • fehlende Nachkommen zu «ersetzen» oder Schutz vor ungeeigneten Erben.

Eine ganze Anzahl von Punkten muss sauber geregelt werden, damit die Unternehmensstiftung über längere Dauer einwandfrei funktioniert, zum Beispiel:

  • die Instruktion der Stiftungsräte über die Ausübung ihres Stimmrechts in der «geführten» Organisation und damit deren Einflussnahme;
  • der Umgang mit dem Firmennamen (rechtlich, kommunikativ) auch bei späteren Erweiterungen der Gesamtorganisation;
  • Regelung der Entschädigung der Stiftungsvertreter;
  • sind Personalunionen im Management von Stiftung und Unternehmung möglich;
  • Entscheidung, ob die Stiftung auch in die operative Tätigkeit der «geführten» Organisation eingreifen soll und weitere wichtige Punkte und Governance Fragen.

Die Unternehmensstiftung bietet äusserst interessante Möglichkeiten, um die weitere Existenz eines «Lebenswerks» auch nach dem Ableben des Gründers sicherzustellen. Wer Kontinuität und sichere Arbeitsplätze als wesentlichen Wert ansieht, für den lohnt es sich in jedem Fall, sich zu diesen Sonderformen in der Schweizer Stiftungslandschaft Gedanken zu machen.

 

 

Über den Autor

Dr. Robert W. Buff / Stiftungsratsmandat.com

Dr. Robert W. Buff

Dr. Robert W. Buff ist dipl. Stiftungsmanager (VMI Uni Fribourg) und eidg. dipl. PR-Berater SAWI Biel und leitet als CEO im Mandat die stark patientenorientierte Qualitouch Healthcare Foundation. Er ist ehemaliger Ausbildungsleiter bei EULAR und war Generalsekretär und Qualitätsmanager bei Switzerland Global Enterprise. Eine seiner Hauptaufgaben bei allen Mandaten ist es, die Stiftungsdienstleistungen netzwerkartig im entsprechenden Umfeld bei den Stakeholdern bekannt zu machen.
www.stiftungsnetzwerk.ch

 

zurück